Der ESM-Vertrag (Rettungsschirm für hochverschuldete Euro-Staaten) wurde von Deutschland noch nicht ratifiziert, weil verschiedene Personen, auch Bundestagsabgeordnete, das Bundesverfassungsgericht angerufen haben.
In der Zwischenzeit hat Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) verkündet, dass die EZB bereit sei, von finanzschwachen Euro-Staaten Staatsanleihen zu niedrigen Zinssätzen in unbegrenzter Höhe zu kaufen, um internationalen Finanzwetten auf das Ende des Euro entgegenzutreten. Dieser Ankauf würde jedoch den ESM auszuhebeln drohen. Zudem darf die EZB nicht von Staaten kaufen, weshalb Banken zwischengeschaltet werden sollen. Hierzu gibt es einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht, eingereicht vom Euroskeptiker Gauweiler. Er argumentiert: Für Verluste beim Ankauf durch die EZB haftet letztlich der Steuerzahler; parlamentarische Kontrollrechte der einzelnen Staaten würden ausgehebelt; unklares Gesamtrisiko für den Bundeshaushalt; deshalb soll der Bundespräsident per Gerichtsbeschluss gehindert werden, die Ratifizierungsurkunde ESM zu unterschreiben vor einem den ESM betreffenden Gerichtsurteil.
Der Eilantrag von Gauweiler wurde abgelehnt, denn zum ESM wurde heute das Urteil gesprochen: Die Bundesregierung darf ratifizieren, jedoch müssen dem Vertragstext 2 wichtige Zusätze hinzugefügt werden. Nur mit diesen Zusätzen darf der Bundespräsident unterschreiben: Alle im Rahmen des ESM zu fassenden Beschlüsse müssen durch Bundestag und Bundesrat genehmigt werden. Die Haftung der Bundesrepublik darf die Höhe von 191 Milliarden Euro, wie vom Parlament beschlossen, nicht übersteigen. Höhere Beträge sind nur mit Beschluss von Bundestag und Bundesrat möglich. Kurz zusammengefasst heißt dies: ESM ja, aber…! Zum Verhalten der EZB wird eine gesonderte Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts erfolgen.
Draghi hatte erklärt, dass die Staaten, deren Anleihen die EZB kaufe, sich vorher dem strikten Sparprogramm des ESM unterwerfen müssen. Die Bundesbank hat jedoch dazu heute klargestellt: es reicht seitens dieser Staaten die Beantragung einer „Vorsorglichen Kreditlinie (ECCL)“ aus, was bedeutet, dass für einen Antrag lediglich eine Absichtserklärung notwendig ist, sich an die Haushaltsvorgaben der Europäischen Kommission halten zu wollen. Allerdings müssen alle Euro-Staaten dieser Kreditlinie zustimmen. Somit ist das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts umso wichtiger: Nichts geht ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat!